Spotlight: das erste implementierte Bildungsprogramm in Österreich
Der österreichische Partner VMG präsentiert einen Bericht über das erste Bildungsprogramm im Sommer 2020.
Am 15. Juni 2020 startete der VMG das erste FOMEN-Bildungsprogramm mit Männern* mit internationalen Familiengeschichten in Österreich. In Kooperation mit der NGO ZEBRA erreichten wir eine hochmotivierte und interessierte Gruppe von Männern*, die in und um die steirische Stadt Mürzzuschlag leben. Aufgrund der Abgeschiedenheit der Stadt und der rechtlichen Unmöglichkeit für sie und ihre Familie, einer Arbeit nachzugehen oder eine Ausbildung zu absolvieren, sowie der Tatsache, dass Covid-19 die meisten Aspekte des sozialen und öffentlichen Lebens ausbremst, waren diese Männer* hoch motiviert, als erste Gruppe am FOMEN Bildungsprogramm teilzunehmen.
Im Laufe von sechs Wochen traf sich die Gruppe von neun Männer*n jede Woche mit der Workshopleitung (Moritz Theuretzbacher, VMG) und bearbeitete und diskutierte bei jedem Treffen ein anderes Thema zusammen mit Expert*innen unterschiedlicher Hintergründe (Asyl, Gewaltschutz, etc.). Für den gemeinsamen Austausch arbeitete das Team mit Dolmetscher*innen (Noha Shabayk & Menna Shabayk) in arabischer Sprache zusammen.
Jedes Treffen begann mit einer Vorstellungsrunde, in der man sich mit dem Tagesprogramm vertraut machte; der*die jeweilige Experte*in präsentierte und diskutierte wesentliche Inhalte mit den Teilnehmern. Beim ersten Treffen am 15. Juni beschäftigte sich die Gruppe mit der Frage, wieso eine Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt und deren Prävention für alle relevant und bereichernd ist. Da die Ziele von FOMEN auf Gewaltprävention ausgerichtet sind, reflektierten die Teilnehmer gemeinsam, wie sich Gewalt im Leben eines jeden Menschen manifestieren kann und wie wir uns und unsere Familien, Freund*innen und Nachbar*innen davor schützen können, ihr ausgesetzt zu sein. Nadine Lampel, eine Expertin, die für das Gewaltschutzzentrum in der Steiermark arbeitet, stellte die historischen und gesellschaftlichen Ursprünge des österreichischen Gewaltschutzgesetzes vor.
Beim zweiten Treffen hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, Fragen und Probleme bezüglich ihres rechtlichen Status als Asylwerber in Österreich zu klären. Daniela Huber, eine Expertin, die für das interkulturelle Beratungs- und Therapiezentrum ZEBRA in Graz arbeitet, teilte ihr Wissen und ihre Erfahrung als Rechtsberaterin mit der Gruppe.
In der dritten und vierten Woche erarbeitete die Gruppe gemeinsam mit Annemarie Siegl, einer Expertin, die sowohl für den VMG als auch für das Gewaltschutzzentrum in der Steiermark tätig ist, Selbstfürsorgestrategien zur Bewältigung von Gefühlen der Hilflosigkeit und Emotionen wie Ärger und Wut. In diesem Modul stand die Selbstreflexion für den Umgang mit Sprache und Kommunikation im Vordergrund, um auf persönliche Grenzen zu achten und Missverständnisse, die zu Konflikten führen, zu vermeiden. Ziel des Programms war es nicht nur den Blick auf die eigene zu schärfen und jene zu pflegen, sondern auch Aspekte einer gesunden Beziehung hervorzuheben, was wir beim fünften Treffen genauer unter die Lupe genommen haben. Christoffer Vojta, Sexualpädagoge, der für das "lil*-Zentrum für Sexuelle Bildung, Kommunikation und Gesundheitsförderung" arbeitet, teilte und diskutierte mit der Gruppe sein Wissen über soziale und intime Beziehungen.
Bei unserem letzten Treffen am 20. Juli blickten wir auf jede Sitzung zurück, reflektierten noch einmal unsere Erfahrungen und evaluierten das FOMEN-Bildungsprogramm. Jeder Teilnehmer erhielt ein Zertifikat, eine kleine Geste im Sinne der Dankbarkeit für die wertvollen Beiträge und respektvolle Zusammenarbeit. Als Zeichen ihrer Dankbarkeit und Gastfreundschaft bereiteten die Männer* zusammen mit ihren Familien ein unvergessliches Mittagessen mit ihren irakischen und syrischen Lieblingsgerichten zu. Das erste Bildungsprogramm hätte nicht köstlicher enden können.